Die Moral von der Geschicht’

Wer liebt, braucht keine Moral. Er weiß, wie er handeln muss, damit sein Tun bestehen kann vor den Augen derer, die es angeht. So könnte ein Grundsatz lauten, der sich auf die Unterscheidung des Augustinus beruft, die, richtig zitiert, lautet: Dilige, et quod vis fac.* Was gerade nicht heißt: Liebe, und tu, was du willst. Der Satz erinnert vielmehr daran, dass der Ausgangspunkt jedes sinnvollen Agierens die Wertschätzung ist und bedeutet: Achte hoch, und wie zu handeln du dir aus dieser Haltung vornimmst, so fange es an. Es ist dieses „kurze Gebot“, von dem der Kirchenahn meint, es sei „ein für allemal“ aufgestellt als das, worüber hinaus mehr zu wissen nicht lohnt, eine Art früher kategorischer Imperativ, der alle Moralfragen, die für groß und wichtig erklärt werden, sehr klein erscheinen lassen.**

* Kommentar zum 1. Johannesbrief, 7, 8
** Sich dieses Prinzips zu entsinnen, täten auch die Kirchenoberen sich einen Gefallen, das alle leidigen Gestaltungsthemen wie das, ob das Priesteramt ein zölibatäres Leben fordere, einhegt. Was das Frohe an der frohen Botschaft ist, erschließt sich erst aus dem „kurzen Gebot“; was die Botschaft ist, die ein Leben fröhlich machen kann, ergibt sich, wenn man nichts weiter, dieses aber genau beachtet