Mittel zum Zweck

Der hellsichtige (und weithin vergessene) Romano Guardini hat in seiner Studie über „Macht“ im Jahr 1952 schon einen Ausblick gegeben über das, was wir inzwischen als lautlose Instrumentalisierung des digital überwachten Menschen durch anonyme Institutionen – kann man noch sagen: erleben, wenn alle Sinne ausgeblendet bleiben? Erleben, erfahren, wahrnehmen, spüren, nichts davon beschreibt die Sache richtig. Der Angriff auf die Würde geschieht im Verborgenen, bedient sich vielmehr der freiwillig-unfreiwilligen Mithilfe des vernetzten Bürgers. Dabei zitiert der Religionsphilosoph Guardini den Soziologen Rudolf Goldscheid, der mit seiner Bezeichnung „Menschenbewirtschaftung“ einen begrifflichen Vorläufer jener ökonomischen Interessen geschaffen hatte, die in dem Unwort „Humankapital“ inzwischen viel zu harmlos gefasst sind. „Eine immer schärfer ausgebildete ,Menschenbewirtschaftung‘ neigt dazu, mit den Menschen in der gleichen Weise umzugehen wie die Maschine mit den Stoffen, aus denen sie ihre Produkte herstellt. Die Gegenwehr der vergewaltigten Personen wird dabei vom … Apparat als Störung empfunden, die durch genauere Methoden und härteren Zwang zu überwinden ist.“ – Romano Guardini, Die Macht. Versuch einer Wegweisung, 1952.