In der sächsischen Großstadt gibt es kaum noch einen Laternenpfahl, an dem nicht ein Gesicht gezeigt wird, das um Vertrauen wirbt im Wahlkampf vor der politischen Richtungsentscheidung Anfang September. Da ist der optimistische Ministerpräsident oder die investitionsfreudige ehemalige Arbeiterpartei, die um die Bürgergunst ringen. Alle strahlen Zuversicht aus. Alle? Nein, eine Gruppierung fehlt: die Rechtsextremen. Nirgendwo findet sich ein Hinweis. Das ist verblüffend angesichts der Popularität der Populisten. Sind sie sich ihres Sieges schon so sicher, dass sie meinen, es nicht mehr nötig zu haben, Plakate zu kleben? Oder fürchten sie, es könnte das Gesicht mehr verraten, als ihnen lieb ist zum jetzigen Zeitpunkt? In einem Aufsatz über den autoritären Staat hat Max Horkheimer schon 1940 diagnostisch scharf diesen Typus Politiker beschrieben, der sich heute wieder anschickt, mit der Macht zu paktieren: „Es wird sich zeigen, dass die bornierten und verschlagenen Wesen, die heute auf menschliche Namen hören, bloße Fratzen sind, bösartige Charaktermasken, hinter denen eine bessere Möglichkeit verkommt. Sie zu durchdringen muss die Vorstellung eine Kraft besitzen, die ihr freilich der Faschismus entzogen hat.“*
* Max Horkheimer, Autoritärer Staat, in: Gesammelter Schriften 5, 317