Staatskunst

Eine einfache Regel gelungener Sozialpolitik könnte lauten: Verhindere die Armut, ohne den Reichtum zu hemmen. Der leicht utopische Charakter solcher Vorstellungen verschwindet, sobald die Regierungsaktivität sich nicht mehr nur auf die statische und zuletzt phantasielose Technik der Umverteilung verlässt, die den einen gibt, was sie den anderen genommen hat, nicht ohne zuvor noch eine saftige Gebühr für den Verwaltungsakt abzuziehen. Und ein Talent wiederentdeckt, das einmal zu den großen Begabungen des Politikers gehörte: strategisch zu denken und zu handeln. Wie viele Mietpreisbremsen, Energiewenden oder Vorstöße wider die kalte Progression braucht es, damit wir erkennen, dass in einer komplexen Welt schlichte Eingriffe allenfalls zeigen, dass zwischen selbst wohlmeinenden Absichten und den erhofften Folgen keine lineare Verbindung vorherrscht? Die Politikerverdrossenheit, die eine Politikverdrossenheit des Volks auf der Kabinettsebene – man möchte fast sagen: repräsentativ – widerspiegelt, rührt auch aus dem Gefühl der Überforderung und Ohnmacht gegenüber einer Wirklichkeit, die sich so gar nicht mehr mechanisch verhalten will und derart verwaltet werden kann.