Von dort

Das Nicäno-Konstantinopolitanum und das apostolische Credo, beide Glaubensbekenntnisse binden die Himmelfahrt des Weltenerlösers unmittelbar an die Legitimation des Richtspruchs über die Menschen. „Von dort“ her, so heißt es, kommt Jesus nicht nur, um das Zeitenende zu besiegeln, von dort her sind seine Worte auch als letzte zu begreifen als Verfahrensentscheid über Lebende und Tote gleichermaßen, wodurch, als nicht unwesentliche Pointe, dem Tod die Macht endgültiger Differenzierung genommen wird. Was in juristischen Verfahren ohne Ansehen der Person geschieht, so dass die Iustitia mit verbundenen Augen dargestellt wird, und was so die allgemeine Gültigkeit des Beschlusses garantieren soll, das wird im Jüngsten Gericht durch die vorangegangene Himmelfahrt, die durch ein „Von dort“ jedes Wort letztgültig rechtfertigt, über die absolute Distanzierung gewährleistet. „Himmel“ ist das, was wir nicht sind und was wir auf Erden einander nie sein können. Dieser unendliche Abstand aber macht erst möglich, dass am dies irae, im definitiven Augenblick, nichts als die Person angesehen wird, was überhaupt erst Gerechtigkeit (und nicht nur Recht) zu sprechen erlaubt. Objektivität als Erkenntnisideal und Subjektivität als dauernder Störfaktor spielen keine Rolle mehr, weil das Urteil nicht „hier“ oder „dort“ gesprochen wird, auch wenn der Urteilende „von dort“ wiederkommt, indem er, der sich als das Wort vorgestellt hatte, das im Anfang war, sich selbst im finalen Akt überbietet als die eine Geste, die am Ende ist und die alle erhoffen: die weit ausgebreiteter Arme, in die sich zuverlässig flüchten kann, wer vom Urteilen und Verurteilen ein für allemal genug hat.