Das Missverständnis des Grüblers: Er hält die Überfülle seiner Fragen schon für eine Garantie, reichhaltig Antworten zu finden. Sich darauf verlassend, verliert er das Gespür für die Praxis, die immer leicht oberflächlich ist. Wo der Sorgende stets schon weiß, wie eine Sache ausgehen wird (und es sich in der schrecklichen Variante ausmalt), erlebt der Grübelnde den Zweifel als so mächtig, dass er keiner Lösung traut. Beide sind Übersprungshandlungen des Handlungsunfähigen und ergänzen sich zur Entscheidungsschwäche. Wenn die Vergangenheit nicht mehr ausreicht, um sich mit ihr den Kopf lange zu zermartern, springt die Sorge munter mit düsteren Zukunftsphantasien ein, nur um von einer Gegenwart abzulenken, die sich unbedarft selbst genießen will. Im Grübeln erreicht das Denken einen Sog ins Tiefe, bei dem ihm von sich selbst schwindelig wird und es aufpassen muss, nicht in jene Grube zu fallen, die der wühlende Geist* geschaufelt hat.
* Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen, 8