Aus der Kriegsmetaphorik stammt der „Weihnachtsfrieden“, der einst an der Westfront im Jahr 1914 erstmals und seither immer wieder einen Waffenstillstand bezeichnete zwischen verfeindeten Parteien, der über die Festtage am Jahresende halten sollte. Was sagt das über das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, wenn dasselbe Wort genutzt wird, um jene Ruhe in den letzten beiden Wochen zu beschreiben, die durch den Verzicht auf behördliche Post und Verwaltungsmaßnahmen erreicht wird? Jeder, der auf Briefe vom Finanzamt reagieren muss, weiß, dass das schon im Stil eine Kampfansage ist und meist eine Antwort erzwingt, die nicht sinnvoll möglich ist, ohne sich zuvor in Stellung gebracht zu haben. Da herrscht das Jahr über, jenseits des „Weihnachtsfriedens“, was unglücklicherweise die Gesellschaft in vielen Fällen institutioneller Beziehung – widersprüchlich zu sagen – zusammenhält: wechselseitiges Misstrauen. Andersherum würde ein Verhältnis daraus, das dem Namen Ehre machte.