Wunscherfüllung

Dass die Seele dem Prinzip der Wunscherfüllung gehorcht, hat sich über alle Wandlungen der Psychoanalyse als Regulationsaufgabe durchgehalten. „Wir hatten uns in die Fiktion eines primitiven psychischen Apparats vertieft, dessen Arbeit durch das Bestreben geregelt wird, Anhäufung von Erregung zu vermeiden und sich möglichst erregungslos zu erhalten. … Eine solche, von Unlust ausgehende, auf die Lust zielende Strömung im Apparat heißen wir einen Wunsch“, so schreibt es Freud im Kapitel VII der Traumdeutung. Nur wird unterschlagen, wie die Vermeidung von Unlust noch lang nicht ihr Gegenteil hervorruft. Viel öfter ist, wer dem Schmerz, der Anstrengung oder dem Konflikt konsequent ausweicht, einfach nur gelangweilt. Und folgt dem Ideal gleichmäßigen Desinteressses, das die Auseinandersetzung so scheut, dass er die großen Erkenntnis- und Daseinsfragen sich nicht zu stellen traut: die nach Anfang und Ende, Wahrheit und Irrtum, Liebe und Tod. Solcherart Wunscherfüllung macht zwar nicht unglücklich, aber untauglich fürs Leben.