Monat: Dezember 2016

Allüberall

Es ist das Los des Besonderen, den Plural nicht zu mögen. Unter dem Üblichen, dem Gewöhnlichen, dem Vielerlei kommt es nicht zur Geltung. Was taugen schon „herzlich“ übermittelte Grüße, wenn Hinz und Kunz so schreiben. Da muss eine gepflegte Steigerung leisten, was sonst im Gewimmel persönlicher Empfindungen, die als Sendboten den Briefen immer öfter beigegeben werden, unterginge. Die Rettung indes kommt schon nicht mehr vom intimen Superlativ: „herzlichst“ grüßt heute jeder. Es muss „allerherzlichst“ sein, um auszudrücken, dass man es mit den Wünschen auch ernst meint. Keine Schlussformel einer eMail, die nicht einen leichten Hang zum Hysterischen zeigt. Was kann da noch kommen? Wer die förmlich-diplomatischen Wendungen – mit vorzüglicher Hochachtung und größtem Respekt … – vor Augen hat, mag ahnen, dass ein erhebliches Wachstumpotential in der Gruß- und Anredeweise lauert, bis irgendwann der Letzte aus lauter Eifer für das Einzigartige sein Herz ganz und gar ausgeschüttet hat. Dann aber erschließt sich unmittelbar, woraufhin jede Steigerungsdynamik in Wahrheit zielt. Sie endet in der Leere.

Work-Life-Balance

Der ausgeprägte Wille zur Lebensgestaltung sorgt nicht selten dafür, dass die Lebendigkeit des Lebens vor lauter Gestaltung verlorengeht.

Die Stimme des Volks

Populismus: der politische Taschenspielertrick, mit den niedrigen Instinkten hohe Wahlergebnisse zu erzielen.

Wörtlich

Aus der Serie „Beim Wort genommen“:
Viel wird schwerer durch ein Vielleicht.

Im Anfang war der Teig

Plätzchen stechen mit dem wunderbaren Christoph Niemann und seiner Kolumne „Abstract Sunday“ in der New York Times, die er dort Woche für Woche mit den schönsten Ideen befüllt. (Die Bilder brauchen einen Augenblick, um geladen zu werden.)

Das demokratische Untalent

Keine Charaktereigenschaft ist für die Demokratie so wenig geeignet wie die Sturheit; kein Talent braucht der demokratische Prozess zu seinem Erfolg so sehr wie die Hartnäckigkeit. Was der Unterschied ist? Jene meidet, diese sucht die Auseinandersetzung. Die Sturheit sagt: „Ich nehme Ihre Kritik zur Kenntnis.“ Die Hartnäckigkeit spricht: Ich nehme Ihre Kenntnis zum Anlass, kritisch zu sein.

Nichts als die Wahrheit

Plausibilität: Wahrheit ohne Beweis.
Meinung: Überzeugung ohne Wissen.
Gewissheit: Sicherheit ohne Geltung.
Glaube: Wissen ohne Grund.
Einsicht: Erkenntnis ohne Abstand.