Monat: April 2024

Die hohe Kunst des Kaufmännischen

Das unterscheidet den klassischen Kaufmann vom modernen Manager, dass dieser sein Handeln durch die Scheu vor dem Risiko einhegt, wohingegen jener sein Risikobewusstsein die Ungewissheit des Erfolgs so organisieren lässt, dass er Gefahren – zwar nicht meidet, aber – so weit reduziert, wie sie nicht beherrschbar sind. Die Kunst des Kaufmännischen erkennt das Wagnis als Wahrheit des ökonomischen Erfolgs und setzt ihm die Grenzen dort, wo es zum Abenteuer degeneriert ist.

Überreizt

Die Drogensucht der Ichschwachen: Erlebnishunger.

Die Langeweile von Prüfungen

Alles Korrekte ist langweilig, weil jeder Satz die Erwartung der vorhergehenden beflissen erfüllt. Der Schüler straft den Lehrer hart, indem er in seinen Hausarbeiten sich verbietet, meist gar nur sich nicht traut, anderes abzuliefern als die üblichen Antworten auf die gestellten, und nicht selten gestelzten, Themen. Es ist anstrengend, Gewohntes und Gewöhnliches zu lesen. Der Reiz des Falschen liegt in der Chance, in frappante Gedanken zu führen. Zwischen Blödsinn und Bemerkenswertem ist die Nähe größer als die Beziehung von Belang und Gründlichkeit.

Unabhängigkeitserklärung

Alle Ostergeschichten bilden in ihrer Gesamtheit eine einzige große Unabhängigkeitserklärung. Sie wollen dokumentieren, wie sehr ein Ereignis, die Auferstehung von den Toten, das schon um seiner Unwahrscheinlichkeit willen, gleichwohl ersehnt, unmittelbar in den Verdacht gerät, nur als geglaubtes wirklich sein zu können, sich eigenständig und unverfügbar präsentiert. Der Zweifel, nicht die Überwältigung und Beglückung, der in den Erzählungen zentral thematisiert ist, übernimmt die Funktion, den Ernst der Angelegenheit existenziell zu testen.

Nach dem Scheitern

Strategien sind immer die Konsequenz aus der Erfahrung, dass bisher noch kein Plan den Kontakt mit der Wirklichkeit unbeschadet überstanden hat.

Gleichnishaft

Aus einer Feiertagslektüre

Von den Gleichnissen

Viele beklagen sich, daß die Worte der Weisen immer wieder nur Gleichnisse seien, aber unverwendbar im täglichen Leben, und nur dieses allein haben wir. Wenn der Weise sagt: „Gehe hinüber“, so meint er nicht, daß man auf die andere Seite hinübergehen solle, was man immerhin noch leisten könnte, wenn das Ergebnis des Weges wert wäre, sondern er meint irgendein sagenhaftes Drüben, etwas, das wir nicht kennen, das auch von ihm nicht näher zu bezeichnen ist und das uns also hier gar nichts helfen kann. Alle diese Gleichnisse wollen eigentlich nur sagen, daß das Unfassbare unfassbar ist, und das haben wir gewusst. Aber das, womit wir uns jeden Tag abmühen, sind andere Dinge.
Darauf sagte einer: „Warum wehrt ihr euch? Würdet ihr den Gleichnissen folgen, dann wäret ihr selbst Gleichnisse geworden und damit schon der täglichen Mühe frei.“
Ein anderer sagte: „Ich wette, daß auch das ein Gleichnis ist.“
Der erste sagte: „Du hast gewonnen.“
Der zweite sagte: „Aber leider nur im Gleichnis.“
Der erste sagte: „Nein, in Wirklichkeit; im Gleichnis hast du verloren.“*

* Kafka, Von den Gleichnissen, in: Beschreibung eines Kampfes (Werke 5), 72