Flacher Bildschirm

Aus Gründen erzwungener Sparsamkeit und stets angezeigter Steigerung von Effizienz sind viele Organisationen dazu übergegangen, ihre Konferenzen, Verhandlungen oder Beratungen über Videotelefonie zu arrangieren. Warum teuer und zeitaufwendig reisen, wenn man sich dasselbe auch vis à vis durch das Koaxialkabel sagen kann? Gegen das kaum bestimmbare Unbehagen, es könne doch Entscheidendes auf der Strecke bleiben und die Bildübertragung eine direkte Begegnung nicht ersetzen, stellen die kostensensiblen Kommunikationsingenieure das Argument, die notwendigen Informationen erreichten den Empfänger doch präzise. Dass er zudem auch noch der Gesichtsmimik folgen könne, sei ein kaum schätzbarer Vorteil. Wie wenig hingegen wirklich bei anderen ankommt, kann man leicht testen: Man halte einmal einem Hund den Bildschirm hin, aus dem sein Besitzer spricht. Der mag ihn rufen, gestikulieren, ja bellen; das Tier wird sich nicht rühren. Offenbar fehlen wesentliche Merkmale zur Wiedererkennung. Die Instinkte können nicht reagieren. Unterstellt, dass Unterredungen in ihrem Erfolg abhängig sind von weit mehr als der geteilten Information, dass unterschwellige Wahrnehmungen, das Sprachensemble einer ganzen Atmosphäre, eine handfeste Rolle spielen, so erscheint es als ein diskretes Wunder, wenn oft genug über digitale Wege der Austausch dennoch vernünftig funktioniert. Der Austausch. Aber ein Gespräch? Das ist die Kommunikation als Kunstwerk angesehen und substantiell deutlich mehr als die Tauschware einer Mitteilung. Könnte ein Hund verstehen, er begriffe leicht, um nicht zu sagen: instinktiv, dass ein Gespräch auch dann noch existiert, wenn die Sprechenden nicht mehr miteinander reden. Es ist eine Dimension eigenen Rechts, der Raum, in dem der Wortwechsel überhaupt erst sinnvoll möglich ist. Gespräche sind nicht Ergebnisse des Bemühens, miteinander zu reden, sondern dessen Voraussetzung.