Ohne Ergebnis

So ganz will die Anekdote über den Entschuldigungszettel nicht einleuchten, die sich in Darstellungen zu Hegels Biographie immer wieder findet. Von Zeit zu Zeit soll eine Notiz an der Tür zum Kolleggebäude der Universität die Abwesenheit des Dozenten erklärt haben: „Die Vorlesung von Herrn Professor Hegel muss heute leider ausfallen, weil der Herr Professor mit dem Nachdenken noch nicht fertig geworden ist.“ Was daran zweifelhaft ist? Für einen Philosophen, dessen Widerwille gegen das Ergebnisdenken aus den Poren jedes seiner Sätze quillt, kann der fehlende Abschluss einer Überlegung kein Grund sein, andere davon auszuschließen. Im Gegenteil müsste der noch intakte Prozess einer Gedankenbewegung geradezu ein bestechender Ausweis sein, dass wirklich nachgedacht wird. Wahrheit geschieht; sie gibt es nicht als Resultathäppchen von endlichen Reflexionen. Ob sich in der kleinen Geschichte die Hoffnung späterer Zeitgenossen spiegelt, mit einem klassischen Vorbild die eigene Nachlässigkeit rechtfertigen zu können? So sehr man sich von so manchem Lehrer wünschte, er hätte sich mehr Zeit genommen, bevor er aufs Podium strebt, hat der fahle Eindruck seiner Ideenpräsentation allerdings auch damit zu tun, dass er mit einer Sache allzu oft fertig geworden ist.