Bestandsschutz

Neben Mund- und Nasenschutz rückt in diesen ernsten Tagen der Bestandsschutz in den nüchternen Blick, der zu neuerungstrunkenen Zeiten verräumt worden war. So viel gerät plötzlich in den Verdacht, systemrelevant zu sein, das sich zuvor bequem in den unauffälligen gesellschaftlichen Nischen eingerichtet hatte, dass dabei die gut belegte Erfahrung, wirklich erst zu wissen, was man braucht, wenn man es nicht mehr findet, und die nicht minder oft bestätigte Entdeckung, dass man es doch nur vor der eigenen Nase suchen müsse, was mit einer verrutschten Maske, die man nicht anfassen soll, keine elegante Übung ist, dass also Wichtiges sich nicht selten erst im Verlust zeigt, diese Einsicht verschwindet hinter dem strengen Eifer für unbedingt Erhaltenswertes. Was wir nötig haben? Wir merken es meist daran, dass wir nach ihm vergeblich im Reisegepäck wühlen, weil es zu Hause vergessen rumliegt. Und sind wenig später erleichtert, es gar nicht zu brauchen. So mancher schwärmt derzeit heimlich von der Krise als einer Phase, die uns lehrt, auf Wesentliches zu achten und den unnützen Alltagsschmodder zwangsläufig loszuwerden. Doch Vorsicht. Am Ende dieser Entwicklung zur ballastarmen Existenz steht das nackte Leben.