Die Erinnerung an strukturähnliche Ereignisse fördert die Vorstellung, dass Geschichte sich wiederhole. Aus ihr ziehen Mythen, auch moderne, ihre Nahrung. So können frühere Siege Kraft schenken und künftige Erfolge beeinflussen – denn das, was sicher kein Erfahrungswissen ist, aber eine starke Erzählung, „lehrt“, die Unsicherheit und mit ihr den Gegner zu überwinden. Lange Zeit hieß es, Deutschland, gemeint war das Fußballteam, sei eine Turniermannschaft. Doch zwei große Wettbewerbe in den vergangenen vier Jahren reichten, um aus dieser Idee einen überlebten Gedanken werden zu lassen. Die jüngste Niederlage enthält schon alle Elemente der nächsten, die ein Scheitern bedeutete. Es wäre eine „Wiederholung“, an die jetzt schon, mythisch vorauseilend, appelliert wird, sich mit aller Macht gegen ein fatales Ergebnis aufzulehnen, um dessen Tragik, also die schicksalhafte Vergeblichkeit der Gegenwehr, nicht wahr werden zu lassen. Dabei ist selbst der Kampf gegen Versagensängste schon unmittelbar der genaue, wiederholte Ausdruck eines prägenden Nationalgefühls: dem endgültigen Verlust von Besitzständen.