Seltsam, dass die Feigheit, die grammatikalisch weiblich ist, ein durch und durch männliches Defizit darstellt. Oder wie heißt der fehlende Mut, mehr noch: diese spezifische Mixtur aus Hasenherzigkeit und Verschlagenheit, Angst und Durchtriebenheit bei Frauen?
Monat: Juni 2024
Die Grenzen der Freiheit
Es ist ein populärer Standardsatz, dass die Grenze meiner Freiheit die Grenze der Freiheit des anderen bedeutet. Was sagt er, außer dass sich Freiheit nur als gemeinsame verstehen lässt? Viel klarer, aber schwerer zu leben ist die Vorstellung, es gebe ein inneres Maß von Freiheit, das sie leitet und gelegentlich nötig, von ihr keinen Gebrauch zu machen, obwohl man es könnte. Was sollte das sein: Liebe, Respekt, Verantwortung, Wahrheit, Barmherzigkeit? An der Antwort auf diese Frage entscheidet sich, was Souveränität meint.
Wie du mir
Es ist wahrscheinlich eine der größten Seelenleistungen, es so weit zu bringen, dass die eigenen Haltungen und Handlungen unabhängig sind vom Verhalten, das andere zeigen. Tief im Innern wohnt ein Ausgleichsbedürfnis, das nach dem Prinzip sich richtet: Wie du mir, so ich dir. Davon frei zu sein, nicht nach Rache oder Bestrafung zu sinnen, sobald ungerechtes oder gar gehässiges Tun die Einstellung zu dem beeinflussen wollen, von dem es ausgeht, ist nicht nur ein Akt der Selbstdisziplin. Es geht um mehr: diese Freiheit ergibt sich aus der Einsicht, dass zwar nicht jeder liebenswert sein mag, aber Liebenswürdigkeit nie im letzten zerstören kann. Sie ist so unantastbar, wie es dem zugeschrieben wird, was so sinnreich wie rätselhaft „Würde“ heißt.
Unterschätzte Qualen
Die am meisten unterschätzte unter den Luxusqualen: hungrig kochen.
Das Bessere ist nicht binär
Aus einer Sonntagslektüre
„Die Demokratie hat sich das Denken und Entscheiden in Binaritäten nicht nur zur Gewohnheit gemacht, zur Tugend hat sie es sich entwickelt lange, ehe die Computer es zu nutzen begonnen haben, um alles Störende – das Störende kann man auch als das Kreative, Originelle, Eigenständige, als das Unbequeme bezeichnen – aus ihren Operationen auszuschließen. Das Störende zu dem (einen) Einen, das, was weiter führt, ist aber nicht das (andere) Andere. Es ist ein Weiteres, jenseits Ja/Nein Gelegenes. Es kann auch ein Zögerndes, Einhaltendes sein, ein Zweifelndnes. Oder ein Verqueres, Unbequemes, von Ausmaß und Folgen her noch nicht Abzusehendes. Spinniges und Lächerliches, welches sich aufgenötigten Entscheiden zwischen Ja und Nein, diesen Exempeln von Wahl in der Freiheit des Volkes, widersetzt und ein Weiteres, Neues in die Routine einbringt.“*
* Aron R. Bodenheimer, Plädoyer für die Unordnung, 291f.
Zwei Immunsysteme
Das Immunsystem der schlechten Laune ist nicht stark genug, um dauerhaft zu schützen vor der Ansteckungsgefahr durch Freundlichkeit, Liebe oder herzerfrischendes Lachen. Umgekehrt sind die Abwehrkräfte der guten Laune bestens gerüstet wider Missmut, Verdrießlichkeit und üble Stimmung. Du kannst eher einen Miesepeter dazu bringen, Lebensfreude zu spüren, als umgekehrt die Heiterkeit durch Gereiztheit in die Knie zu zwingen.