Aus einer Samstagslektüre
„Unbestreitbar hat die Globalisierung die bewegungshemmende Wirkung von Grenzen erheblich geschwächt und Öffnungsprozesse vorangetrieben, aber die im Wortsinn grenzenlose Globalisierung ist eine Schimäre. Es läuft zwar unserer Alltagsintuition entgegen, aber Globalisierung ist auch grenzschaffend, grenzverstärkend – es gibt eine Schließungsglobalisierung. Wer allerdings immer nur nach Mauern, Stacheldraht und Befestigungsanlagen Ausschau hält, wenn er nach der Grenze sucht, der wird einen großen Teil der heute diversifizierten Grenz- und Kontrollformen übersehen. Statt von … dem Verschwinden von Grenzen zu sprechen, ist es bei näherer Betrachtung angemessener, von einer Neuerfindung, Härtung und Versicherheitlichung der Grenze unter Bedingungen der Globalisierung auszugehen, ganz zu schweigen davon, dass auch die Mauergrenzen an Zahl und Länge zugenommen haben. … Die Grenze ist heute auch keine einzelstaatliche und auf das nationale Territorium beschränkte Angelegenheit mehr, sondern eine komplexe und internationalisierte Sortiermaschine, ein Ensemble aus rechtlichen Regelungen, Kontrollinstanzen, der Inanspruchnahme anderer Staaten, Daten und Technologie.“*
* Steffen Mau, Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert, 153f.