Tag: 12. Juli 2019

Zwei Bestimmungen des Menschen

Spiegelbildlich, so stehen zwei auffällige Bestimmungen des Menschen zueinander, die das Denken des vergangenen Jahrhunderts tief beeinflusst haben. Die eine sieht in ihm ein Wesen der Angst (Heidegger), das in dieser Grundbefindlichkeit sich eine Antwort gibt auf die Frage nach der Strukturganzheit des Daseins*. Die andere arbeitet mit der Vorstellung, der Mensch sei charakterisiert durch seine Trostbedürftigkeit (Hans Blumenberg).** Beide, Angst und Trost, teilen zentrale Eigenschaften: Sie sind abstrakt – die Angst kennt keinen Gegenstand, vor dem sie sich fürchtet, dem Trost mangelt es an allen Instrumenten der Hilfe. Sie gehen aufs Ganze – in der Angst wirkt das „Nichts und Nirgends“, der Trost leiht sich die Hoffnung, alles sei oder werde gut. Sie stellen sich zur Welt als solcher – hier als Raum, in dem sich der Mensch seiner Freiheit vergewissern muss, dort als Ort, von dem es sich zu befreien gilt. Der Trost überwindet die Angst und verweist schon deswegen auf ein Wort, das sich garantiert nicht selbst gesagt werden kann.

* Sein und Zeit, §§ 39, 40
** Die Sorge geht über den Fluss, 153