Monat: Dezember 2022

Erfolgsfaktor

Vertrauen ist Gewissheit in der Beziehung, die Sicherheit im Handeln schenkt.

Potthässlich

Wenn, wie in der Mode oder der Architektur, die Suche nach Auffälligkeit sich mit dem Abstoßenden verbündet, ist eine Kunst an ihr Ende gekommen. Der stille Aufschrei, der einsetzt mit dem Betrachten des Hässlichen, ersetzt das leise Staunen; im unbedingten Kampf der Ästhetik gegen das Gefällige geht unter, was jenseits bloßer Aufmerksamkeit immer Ziel von Gestaltung ist: dass sie gefällt. Sich von ihr abzuwenden, entspricht dann aufs Genaueste der Einfallslosigkeit, die keinen anderen Ausdruck mehr gefunden hat als das Unansehnliche.

Die eine große Liebe

Man unterschätze nicht die Zahl jener Beziehungen, die nur ein lebenskluges Zugeständnis sind an die unerfüllte Sehnsucht nach der einen großen Liebe. Jede neue Verbindung dient kaum mehr als der Bestätigung, dass es wieder nicht gereicht hat für den perfekten emotionalen Entwurf. Sie hält genau so lang, wie ihre Leidenschaft das Leiden schafft, das der Vergeblichkeit einer absoluten Innigkeit nachtrauert, und sich paradox an sich selbst ergötzt.

Anstand

Der Ersatz der Politik durch Moral ist immer ein Indiz dafür, dass ihr die Macht verloren gegangen ist.

Advent, Advent

Vorweihnachtszeit: die Städte sind nachts schöner als zu den hellen Stunden. Das Schmucklicht überstrahlt die Funktionslampen. Es gibt eine Ahnung davon, wie einladend eine Welt sein könnte, die es sich leistet, nicht Zweck und Brauchbarkeit ins Zentrum ihrer Entscheidungen zu stellen, sondern den Sinn des Überflüssigen. Die lukanische Formel für dieses Lebensgefühl, das dem Nötigen nicht zuerst die Aufmerksamkeit schenkt, heißt: als die Zeit erfüllt war. Nichts ist weniger zwingend.

Verspielt

Der Doppelsinn des Worts „verspielt“ zeigt auf, dass es in jedem Spiel das eine Ziel gibt, das als dessen wichtigster Moment alles kunstvolle Streben auf sich vereint und zugleich den Punkt markiert, an dem es sich selber verlässt und vom Ernst der Wirklichkeit wieder eingeholt wird. L’art pour l’art zu agieren, bedeutet, die Zweckfreiheit einer Sache zur Zwecklosigkeit zu verfremden; es ist systemischer Narzissmus, der Rausch, der nichts intendiert als die Selbstbeglückung, die den Effekt sucht und dabei die Effektivität versäumt. Umso brutaler wird der Übergang in die Realität erfahren, die dem Spiel, das sein Ziel nicht gefunden hat, dennoch ein Ende bereitet, stets pünktlich zur Unzeit. Niemand hat ein Spiel so verspielt wie der, der in ihm seine Verspieltheit nicht für den Augenblick des Spielziels ablegen kann.

Öffentlicher Diskurs

Das Ideal des Denkens, zu allem etwas zu sagen zu haben, muss gekontert sein vom Ideal des Redens, nur nicht alles kommentieren zu wollen.