Kategorie: Angst

Ihr Datensammler, wir Informationsjäger

Wenn die Angst herrscht, kennt sie nur eine Regierungsform: die Diktatur. Dann verwandelt sie Wachsamkeit in Überwachung, Controlling in Kontrolle, Recht in Inquisition, Führung in Bevormundung, Überzeugung in Wahn. Nicht die Neugier, nicht die Lust am Erkenntnisgewinn, sondern jener, der sich ganz und gar fürchtet, strebt nach Allwissenheit. Doch wer überwacht die Wächter? Das ist die letzte Frage jeder Machttheorie: „Der Gefangene ist der nicht-sehende Sichtbare, der Wächter ist der sehende Sichtbare, das Volk schließt die Skala, insofern es sehend, von niemandem anderen als von ihm selbst gesehen wird und somit für andere unsichtbar ist. Der sehende Unsichtbare ist … der Souverän.“ So beschrieb Noberto Bobbio das Ideal (Demokratie und unsichtbare Macht, in: Die Zukunft der Demokratie, 103). In der Wirklichkeit ungemessener  Rechnerkapazität geht es nicht mehr darum, wer sehen kann, ohne dabei gesehen zu werden. Entscheidend ist nur noch der Zugriff auf das Protokoll dessen, was wir beiläufig immer schon ins Licht gestellt haben, indem wir es den digitalen Medien überantworten. Wir sind nicht mehr weit weg von jenem Punkt, den der Mythos vom Anfang der Welt ehedem als das Ende menschlichen Zusammenlebens markierte: die Schlange mit ihrem Versprechen totaler Durchschaubarkeit. Das verräterische Tier brauchen wir nicht mehr, wir haben die Technik. Die Verführung ist die gleiche.
Zur Enthüllung des Programms Prism, das der amerikanische Geheimdienst flächendeckend zur Überwachung nutzt