Osterlachen

Der alte Brauch, die Hörer in der Osternachtspredigt zum Lachen zu bringen, ist mehr als ein rhetorischer Kniff, der gegen die Müdigkeit der frühen Morgenstunden angeht. In jedem Lachen steckt ein Protest gegen die Eindeutigkeit, mit der eine Situation ausgelegt wird, ein Widerspruch gegen deren Ernst. Denn Ernst heißt nichts anderes, als dass es keinen Interpretationsspielraum gibt. „Eindeutigkeit, Einsinnigkeit wird nicht nur von Mehrdeutigkeit, Mehrsinnigkeit begrenzt, sondern auch von Sinn- und Bedeutungsfreiheit.“* So erläutert es Helmuth Plessner in seiner Studie über „Lachen und Weinen“. Das Ostergelächter richtet sich gegen jene Realität, die keine Gelegenheiten mehr erlauben will: den Tod. Und bettet ihn so ein in ein Weltverständnis, das nichts duldet, was sich nicht jenseits des unmittelbar Einsichtigen auch anders sehen lässt. Die Auferstehungsgeschichten erzählen von einer Wirklichkeit, die sich dagegen wehrt, verabsolutiert zu werden, indem man ihr den Möglichkeitsinn raubt und damit die Lebendigkeit des Lebens.

* Gesammelte Schriften VII, 381