Zur Stunde

Die geschenkte Stunde zu Beginn der Normalzeit und die geklaute am Anfang der Sommerzeit lassen sich verstehen als verdichtete Lebensmomente, in denen sich mehr zeigt als nur Zugewinn oder Verlust eines Tagesmaßes. Was haben wir heute gemacht mit der gewonnenen Frist? Was macht sie mit uns? Länger geschlafen; sie vertändelt; erledigt, was liegengeblieben war? Wofür haben wir sie genutzt? Und was genau fehlte uns im nächsten Frühjahr, wenn die Uhren wieder umgestellt werden? Darüber Auskunft zu geben, könnte hinweisen auf eine Vorstellung vom prallen Leben. Was das ist? Wohl nichts, was der Zeit selber als Eigenschaft angehörte. Es gibt zwar erfüllte Stunden, aber das ist eher jene Art des Daseins, die uns vergessen lässt, was es bedeutet, nur begrenzt Zeit zu haben. Michael Theunissen fasst es so: „Je auffälliger Zeit wird, desto sinnleerer wird unser Leben.“*

* Negative Theologie der Zeit, 45