Auf dem Weg nach Norden Umstieg in der Bischofsstadt. Am Bahnsteig warten Menschen in grellbunten Schlaghosen, als seien die Siebziger Jahre gerade angebrochen, die Lautsprecher der portablen Musikanlage am Anschlag. Alte Gassenhauer bringen die Menge in Stimmung für das Schlagerfestival in der Hansestadt. Von der gegenüberliegenden Seite dröhnen auch Lieder, Vereinshymnen, Anfeuerungsrufe, laute Sehnsüchte nach einem Erfolg im abendlichen Finale in der Hauptstadt. Alles ist ins teuflische Rot gehüllt. Der Pokal soll nach Hause geholt werden. Es ist ein friedlicher Kampf um die Dominanz der Vorlieben. Doch plötzlich vereinigen sich die Stimmen. Die Melodie, die gerade aus dem Rekorder kommt, kennt man hier wie dort; sie untermalt einen bekannten Schlager und den Fangesang gleichermaßen. Selbst die Texte finden zueinander. Für den Augenblick von ein paar Sekunden singen wildfremde Menschen, Schlagergroupies und Fußballanhänger, mit einer Stimme. Das irritiert beide Gruppen so sehr, dass es fast still wird am Bahnsteig und die Ansage wieder zu verstehen ist: Beide Züge, so heißt es, haben Verspätung. Es ist diesmal kein Stimmungskiller.