Unvergesslich

Es gibt Bewegungsabläufe, die einmal gelernt, ins Körpergedächtnis eines Menschen eingehen. Schwimmen gehört dazu, Radfahren, das Gehen und Laufen, vielleicht sogar Zahlenfolgen, die oft genug eingetippt der Finger eher beherrscht als das Hirn. Sie bleiben, unter gesunden Voraussetzungen, zuverlässig erhalten bis ins höchste Alter. Dennoch würden wir sie kaum Routinen nennen, sondern ihnen vermutlich Natürlichkeit zusprechen, obwohl sie eigens einmal erlernt werden mussten. Von den geübten Fertigkeiten, von einem know how unterscheiden sie sich, weil der Automatismus Lebensfunktionen aufrechterhält, die in der Zeitspanne eines Menschendaseins wohl nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, eine zweite Natur repräsentiert. Gewiss, auch die Natur muss aus Anlass „umlernen“; es wird aussortiert, was sich veränderten Umweltbedingungen nicht anzupassen vermag. Das hat mit den eingeschliffenen Gewohnheiten aber wenig zu tun. Sie geben sich zwar gern aus als eine Art Natürlichkeitszwitter, sind indes nicht bewahrenswert, wenn es die Umstände verlangen. Wie sich dieses Erfahrungswissen unterscheiden lässt von all den schönen Formen erworbener Selbstverständlichkeit, die wir geneigt sind, als strukturfeste Muster auszugeben? Vielleicht hilft die Differenz zwischen Vertrautem und Vertrauen. Aufgeben und vergessen lässt sich alles Vertraute, das das Vertrauen in seinem Grund nicht hält und formatiert.